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22. Bericht | Kapitel 7 Erträge
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Für den nicht privaten Bereich vermittelt demnach die Möglichkeit des Rundfunkempfangs hinreichende, die Beitragserhebung rechtfertigende Vorteile. Deren Gesamtheit ist in ver- fassungsgemäßer Weise erfasst, den Inhabern von Betriebsstätten und betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen zurechenbar und belastungsgleich ausgestaltet. Dies wurde vom Bundes- verfassungsgericht insbesondere auch für den Fall eines Autovermieters angenommen.
Auch der Kreis der privaten Beitragsp ichtigen ist mit der Anknüpfung an die Wohnungsin- haberschaft in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise erfasst, selbst wenn der Beitragsschuldner generell keinen Rundfunk empfängt. Nur der theoretisch denkbare objektiv unmögliche Empfang über jeglichen Übertragungsweg gebietet eine Befreiung als Härte-
fall. Die aus der Beitragserhebung resultierende Ungleichbehandlung von Einzelpersonen im Gegensatz zu mehreren Wohnungsinhabern ist verfassungsrechtlich hinnehmbar.
Allerdings verstößt die Erhebung eines Beitrags für Nebenwohnungen gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit, soweit der Wohnungsinhaber bereits zur Leistung eines Rundfunk- beitrags für die Hauptwohnung herangezogen wurde. Eine Neuregelung für diesen Fall hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber bis zum 30. Juni 2020 aufgetragen. Bis zur Neuregelung sind Personen, die ihrer Beitragsp icht bezüglich der Hauptwohnung nachkom- men, auf Antrag von einer Beitragsp icht für weitere Wohnungen zu befreien.
Eine Rechtfertigung der bisherigen Regelung zu Nebenwohnungen durch Gründe der Verwal- tungsvereinfachung sowie eine stets bestehende Missbrauchs­ und Umgehungsgefahr scheidet aus. Allerdings könnten bei einer Neuregelung Aspekte der Verringerung des Verwaltungs- aufwands für die Erfassung von Nebenwohnungen berücksichtigt werden – namentlich die Befreiung von einem Antrag sowie einem Meldenachweis abhängig gemacht werden. Ebenso könne von der Befreiung solcher Nebenwohnungsinhaber abgesehen werden, die die Entrich- tung eines vollen Rundfunkbeitrags für die Hauptwohnung durch sie selbst nicht nachweisen.
Der Europäische Gerichtshof entschied am 13. Dezember 2018 (Rechtssache C 492/17), dass der Wechsel zum Beitragssystem europarechtlich keine erneute Entscheidung der Europäischen Kommission erforderte, sondern von der bisherigen Genehmigung der Rundfunkgebühr ge- deckt war.
Die Ministerpräsidentinnen und ­präsidenten haben zur Umsetzung der Vorgaben des Bundes­ verfassungsgerichts im 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrag eine Befreiung vom Rundfunk- beitrag für Nebenwohnungen vorgesehen. Hierfür genügt, wenn Antragstellende selbst oder deren Ehegatte bzw. Lebenspartner für die Haupt- oder eine Nebenwohnung bereits den Rundfunkbeitrag entrichten. Die Befreiung wird bei Antragstellung binnen drei Monaten rückwirkend, im Übrigen erstmals für den Beantragungsmonat gewährt.
Der Beitragsservice gewährte bisher in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungs- gerichts auf Antrag eine auf den Tag der Urteilsverkündung rückwirkende Befreiung für Nebenwohnungen. Diese war auf Antragsteller begrenzt, die als Beitragskontoinhaber den Rundfunkbeitrag für die Hauptwohnung entrichten.
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