Mittel für die vorliegenden Projektanträge der ARD und des Deutschlandradios zum Digitalen Hörfunk werden nicht freigegeben

Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hat in ihrer Sitzung am 15.07.2009 den folgenden einstimmigen Beschluss gefasst:

"Die Mittel für die vorliegenden Projektanträge der ARD und des Deutschlandradios zum Digitalen Hörfunk werden nicht freigegeben, weil wesentliche Teile der von ihr mit den Rundfunkanstalten abgestimmten Kriterien nicht erfüllt sind und damit die Wirtschaftlichkeit der Projekte nicht nachgewiesen werden konnte. Die vorgesehenen Projektmittel für die digitale Zukunft des Hörfunks sind nicht gestrichen worden, sondern stehen für neue Initiativen weiter zur Verfügung."

Hintergrundinformationen:
Die Kommission hat in ihrem 16. Bericht eine Fortführung der Finanzierung des seit dem 10. Bericht anerkannten Entwicklungsprojekts DAB wegen Erfolglosigkeit abgelehnt. Um einen erfolgreichen Neustart der Digitalisierung des Hörfunks zu ermöglichen, hat sie für die Gebührenperiode 2009 bis 2012 ein Projektbudget in Höhe von 30 Mio. EUR für die ARD und 12 Mio. EUR für das Deutschlandradio vorgesehen. Diese Mittel können genutzt werden, wenn die Kommission den Finanzbedarf für neu zu beantragende Entwicklungsprojekte zum Digitalen Hörfunk anerkennt. Eventuelle Restmittel aus dem Projekt DAB könnten dann in dem eventuellen neuen Projekt verwendet werden.

Mit dem Ziel, den Landesrundfunkanstalten der ARD und dem Deutschlandradio frühzeitig deutlich zu machen, wie die Kommission eine Projektanmeldung bewerten werde, hat sie im April 2008 folgende zwölf Kriterien erarbeitet; die die ARD und das Deutschlandradio zustimmend zur Kenntnis genommen haben:

  1. Absprachen und konkrete Verpflichtungen der öffentlich-rechtlichen und Privaten Programmanbieter zum Start des Digitalen Hörfunks incl. Nennung eines Zeitplanes. Aussagen seitens der PTKO, der TKLM, des VPRT und der APR reichen nicht aus, um die Verbindlichkeit der Planungen zu dokumentieren.
  2. Aussagen zum Programmangebot und dem Mehrwert gegenüber UKW. Insbesondere sind Aussagen zu einem flächendeckenden Verbund für Programmangebote in Deutschland erforderlich.
  3. Auflistung der geplanten innovativen Zusatzdienste wie " Visual Radio" , TPEG-Verkehrsinformationen, " Radio Podcast" .
  4. Dokumentation, in wie weit die in Deutschland vorgesehenen Technologien auch im Ausland Verwendung finden.
  5. Aussagen von Geräteherstellern zu den zu erwartenden Geräteangeboten mit Angaben zu den möglichen Lieferterminen und Preisbereichen.
  6. Aussagen zur weiteren Zukunft der UKW-Ausstrahlungen.
  7. Aussagen zur Marketingstrategie und dem notwendigen Budget.
  8. Planungen der Netzentwicklung aus den Ballungsräumen in die Fläche sowie Versorgungsqualität dieser Netze.
  9. Gesamtkosten des Entwicklungsprojektes.
  10. Gesamtlaufzeit des Entwicklungsprojektes.
  11. Meilensteine im Entwicklungsprojekt, die der KEF eine Erfolgskontrolle ermöglichen.
  12. Beantwortung der in der KEF-Projekt-Checkliste ansonsten enthaltenen Fragen.

Im Anschluss an einen Workshop zum Thema Digitaler Hörfunk im Dezember 2008 legten die ARD und das Deutschlandradio im Februar 2009 eine Projektanmeldung für das Vorhaben vor. Nach ausführlicher Würdigung der Projektanmeldung – auch im Rahmen einer Sitzung der zuständigen Arbeitsgruppe 4 der KEF mit den Antragstellern – kam die Kommission zu dem Schluss, dass die von ihr definierten Kriterien durch die Projektanmeldungen nicht erfüllt werden. Sie bat die ARD und das Deutschlandradio daher im März 2009 um ergänzende Informationen, welche auch im Mai 2009 eingingen. Auch nach ausführlicher Würdigung dieser Ergänzungen kam die Kommission am 15.07.2009 zu dem Ergebnis, dass die Kriterien nach wie vor im Wesentlichen nicht erfüllt sind.

Insbesondere fehlt eine Abstimmung mit der Mehrheit der privaten Hörfunkanbieter. Hinzu kommen unzureichende Aussagen zu zukünftigen Programmangeboten, welche ausschließlich über das Digitalradio verbreitet werden sollen (dem Mehrwert gegenüber UKW), das Fehlen von Aussagen zu den bereits in der laufenden Gebührenperiode realisierbaren innovativen Zusatzdiensten sowie unklare Prognosen über den Termin einer möglichen Abschaltung von UKW. Ferner fehlen konkrete Planungen für multimediale Zusatzangebote. Auch erhielt die Kommission von der ARD keine Gesamtkostenprognose für das Projekt. Das Deutschlandradio bezifferte die reinen Übertragungskosten für die Jahre 2009 bis 2020 mit 163,6 Mio. EUR . Die ARD geht davon aus, dass erst eine neunzigprozentige Digitalradio-Nutzung eine Abschaltung von UKW ermöglichen würde. Das Deutschlandradio hält einen endgültigen Ausstieg aus UKW ab dem Jahr 2020 für vorstellbar.

Bei einer Anerkennung der im Februar 2009 vorgelegten Projektanmeldung hätte die Kommission in der laufenden Gebührenperiode für den Digitalen Hörfunk Mittel in Höhe von 30 Mio. EUR für die ARD und 12 Mio. EUR für das Deutschlandradio freigegeben. In der folgenden Gebührenperiode wäre dann mit weiteren Anmeldungen von ca. 300 Mio. EUR zu rechnen gewesen.

Es ist im Wesentlichen nicht gelungen, für eine Einführung des Digitalen Hörfunks einen tragfähigen Konsens mit privaten Hörfunkanbietern herbeizuführen. In einer Außerordentlichen Fachbereichsversammlung Radio und Audiodienste des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien e. V. (VPRT) sprachen sich die Mitglieder am 25. Juni 2009 einstimmig " gegen die im Herbst 2009 geplante Einführung von DABplus aus" . Diese Entscheidung hat erhebliche Rückwirkungen auf die Einführungschancen des Digitalen Hörfunks. Eine UKW-Abschaltung, ohne dass privaten Programmanbieter in größerem Umfang erfolgreich im Digitalen Hörfunk aktiv sind, erscheint der Kommission undenkbar.

Ohne Abschaltung entfallen überdies Einsparungen, die aus einer Beendigung der Parallelausstrahlung UKW/Digitalradio resultieren. Der erfolgreiche Start des Digitalradios benötigt außerdem - dies hat DAB gelehrt - eine programmliche Mindestvielfalt, die deutlich über das heutige Angebot per UKW hinausgeht und zu der die privaten Programmanbieter beitragen müssen.

Das Deutschlandradio ist auf die Beteiligung der privaten Programmanbieter beim Start des Digitalen Hörfunks besonders angewiesen, denn es muss einen Digitalradio-Netzbetreiber beauftragen, der die zukünftig drei Programme des Unternehmens ausstrahlt. Diese stellen allerdings nur ein Drittel der Kapazität eines sogenannten Multiplexes dar. Zwei Drittel (etwa 6 Programme) muss also von privaten Programmanbietern beauftragt werden, die auch tatsächlich flächendeckend bundesweit ausgestrahlt werden, damit die Kosten einer flächendeckenden Ausstrahlung der Programme des Deutschlandradios nicht unvertretbar hoch werden. Eine Anfrage der Kommission an die ARD vom März 2009, ob man bereit sei, die zukünftig drei Programme des Deutschlandradios in die Multiplexe der ARD aufzunehmen, wurde von dieser abschlägig beschieden. Ohne eine weitgehende Kooperation mit privaten Hörfunkveranstaltern könnte das Deutschlandradio seine Sendungen nur in Ballungsräumen ausstrahlen und damit auch über DABplus nicht wesentlich mehr Hörer erreichen als jetzt mit UKW.

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