Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) feierte heute mit ca. 200 Gästen aus Politik, Medien und Wissenschaft ihr 40-jähriges Bestehen. Die Jubiläumsveranstaltung "40 Jahre KEF. Zwischen Rundfunkfreiheit und Politik" im Funkhaus des Deutschlandradios in Berlin fand fast auf den Tag genau 40 Jahre nach der konstituierenden Sitzung der KEF am 2. Juli 1975 statt. In seiner Begrüßungsrede dankte der Vorsitzende der KEF und Präsident des Bayerischen Obersten Rechnungshofs, Dr. Heinz Fischer-Heidlberger, allen, die über 40 Jahre lang die Arbeit der KEF mit großer Ernsthaftigkeit erledigt haben. Dank richtete er auch an die Staats- und Senatskanzleien der Länder und die Rundfunkanstalten für die faire Zusammenarbeit und das gute Miteinander.
Dr. Fischer-Heidlberger: "Als KEF wollen wir unserer Aufgabe bestmöglich gerecht werden. Die Vorgaben dabei sind für uns Recht und Gesetz in Form der Rundfunkstaatsverträge, der von den Ländern festgelegte Auftrag an die Anstalten und als wichtigster Maßstab Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Wir haben keine eigenen Interessen und vertreten weder die Interessen der Rundfunkanstalten, noch die einzelner Länder. Wir sehen uns in einer verfassungsrechtlichen Verpflichtung, den Finanzbedarf der Anstalten möglichst objektiv zu ermitteln und dabei die Rundfunkautonomie zu beachten. Die unabhängige KEF ist eine der Rundfunkfreiheit dienende und sichernde Einrichtung, dienend, damit die Anstalten bedarfsgerecht finanziert sind, sichernd, weil damit Programmentscheidungen nicht durch Festlegungen der Länder zur Finanzierung beeinflusst werden können. Die KEF versteht sich dabei als Impulsgeber für Veränderungen bei den Rundfunkanstalten."
Auf das Spannungsverhältnis zwischen Rundfunkanstalten, Politik und der KEF ging auch Professor Paul Kirchhof in seiner Keynote-Rede ein. Der ehemalige Bundesverfassungsrichter lieferte mit seinem Gutachten zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks den entscheidenden Impuls zur Ablösung der geräteabhängigen Rundfunkgebühr durch die neue Haushalts- und Betriebsstättenabgabe im Jahr 2013. Sein damaliges Plädoyer für einen werbefreien öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist nach wie vor hochaktuell, wie sich in der anschließenden, hochrangig besetzten Gesprächsrunde zeigte. Mit Kirchhof diskutierten die Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, Ministerpräsidentin Malu Dreyer, ZDF-Intendant Dr. Thomas Bellut, WDR-Intendant Tom Buhrow sowie der Intendant des Deutschlandradios, Dr. Willi Steul.
Gegenstand der Debatte waren in erster Linie die medienpolitischen Entscheidungen der Ministerpräsidentenkonferenz am 18. Juni 2015 und deren Auswirkungen auf das anstehende KEF-Verfahren. Begrüßt wurden die nach der Evaluierung des neuen Rundfunkbeitrags beschlossenen Feinjustierungen des Beitragssystems, darunter vor allem die Wiederholung des Abgleichs der Meldedaten. Dies führe langfristig zu mehr Beitragsgerechtigkeit und einer Stabilisierung der Einnahmen. Allerdings hätten die Ministerpräsidenten auch entschieden, zur Reduzierung von Werbung und Sponsoring erst dann weiterzuberaten, wenn im kommenden Jahr der 20. KEF-Bericht vorliegt und sich mögliche finanzielle Spielräume abzeichnen. Gleichzeitig wollten die Länderchefs am politischen Ziel der Beitragsstabilität festhalten. Für die Rundfunkfreiheit habe aber große Bedeutung, dass das verfassungsrechtlich geschützte KEF-Verfahren nicht mit medienpolitischen Entscheidungen und Erwartungen verquickt werde.
Nach dem Rückblick auf 40 Jahre KEF-Geschichte am Vormittag thematisierte das 7. KEF-Symposion nachmittags die Herausforderungen der Zukunft und stellte folgendes Szenario zur Diskussion: "Man schreibt das Jahr 2020. Als Folge des massiven Ausbaus der Breitbandnetze und der flächendeckenden Verbreitung von Smartphones und Tablet- PCs findet die Fernsehnutzung überwiegend individuell statt. Gemeinsam vor dem Fernsehempfänger im Wohnzimmer sitzen nur noch wenige. Die Bedeutung des klassischen linearen Fernsehens ist drastisch zurückgegangen, denn über Mediatheken suchen sich die Zuschauerinnen und Zuschauer ihre Programme selbst aus. Spezialisierte Internet- News-Angebote ersetzen selbst die vorher jahrzehntelang als Leuchttürme der Nachrichtengebung angesehenen Nachrichtensendungen um 19.00 oder um 20.00 Uhr."
Das Symposium mit dem Titel "Mediennutzung im Jahr 2020 - individuell, interaktiv, nichtlinear?" fragte, ob dies ein realistischer Ausblick oder pure Science Fiction ist, und beleuchtete hierzu die Perspektiven der Fernsehnutzung aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Fünf Vorträge und eine Podiumsdiskussion spannten den Bogen von der Mediennutzungsforschung, insbesondere mit Blick auf die junge Generation über die Betrachtung bereits heute erfolgreicher Plattformen wie Entertain und YouTube bis hin zur Frage, wie sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk der Entwicklung stellt. Der KEF-Vorsitzende resümierte: "Durch die technische Konvergenz und das sich rasant verändernde Nutzungsverhalten werden auch die Aufgaben der KEF zunehmend komplexer."
Hintergrundinformationen zu Entstehung, Aufgaben und Zusammensetzung der KEF:
Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) wurde am 20. Februar 1975 durch Beschluss der Ministerpräsidenten der Länder errichtet. Rechtliche Grundlage für die Arbeit der KEF ist der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag der Länder. Die Regelungen sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geprägt.
Vor allem das 8. Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Februar 1994 hat die Stellung der KEF erheblich gestärkt. Ausgehend von der Rundfunkfreiheit als dienende Freiheit hat das Gericht entschieden, dass ein prozeduraler Grundrechtsschutz geboten sei. Staatliche Einflussmöglichkeiten über den Hebel der Gebührenfestsetzung seien auszuschließen. Dem entspreche am ehesten ein gestuftes und kooperatives Verfahren der Gebührenfestsetzung. Die Vorgaben wurden im 3. Rundfunkänderungsstaatsvertrag umgesetzt, der am 1. Januar 1997 in Kraft getreten ist. Die KEF wurde zu einer unabhängigen Einrichtung.
Die Kommission stellt im Auftrag der Bundesländer den Finanzbedarf von ARD, ZDF, Deutschlandradio und ARTE fest. Hierzu legen die Rundfunkanstalten der KEF Mittelfristige Finanzplanungen für eine vierjährige Periode vor. Die Kommission überprüft sie anhand der Maßstäbe von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Darüber hinaus orientiert sie sich hierbei an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Entwicklung der öffentlichen Haushalte. Auf der Basis des ermittelten Finanzbedarfs empfiehlt die KEF gegebenenfalls Änderungen des Rundfunkbeitrags, und zwar in Bezug auf die Höhe und den Anpassungstermin.
Die Kommission berichtet den Landesregierungen alle zwei Jahre über die Finanzlage der Rundfunkanstalten. Dabei legt sie im Wechsel einen Beitragsbericht mit Empfehlungen zur Beitragshöhe oder einen Zwischenbericht vor. Im Zwischenbericht werden Prognosen der KEF geprüft und Veränderungen dokumentiert. Der anstehende 20. Bericht soll als Beitragsbericht im Frühjahr 2016 erscheinen.
Der Beitragsvorschlag der KEF ist Grundlage für eine Entscheidung der Landesregierungen und Landesparlamente. Von dem Vorschlag dürfen sie im Wesentlichen nur abweichen, wenn die Beitragshöhe den freien Zugang zu Informationen zu erschweren droht oder die Belastung der Rundfunkteilnehmer nicht mehr angemessen erscheint. Hierfür müssen nachprüfbare Gründe angegeben werden.
Zu den Beratungen der KEF werden nach Bedarf Vertreter der Rundfunkanstalten hinzugezogen. Vor der abschließenden Meinungsbildung und Berichterstattung der KEF nehmen die Rundfunkkommission der Länder und die Rundfunkanstalten zum Berichtsentwurf der KEF Stellung.
Die Kommission besteht aus 16 unabhängigen Sachverständigen; jedes Land benennt ein Mitglied. Die Sachverständigen sollen aus folgenden Bereichen berufen werden:
- drei Sachverständige aus den Bereichen Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung,
- zwei Sachverständige aus dem Bereich der Betriebswirtschaft; sie sollen fachkundig in Personalfragen oder für Investitionen und Rationalisierung sein,
- zwei Sachverständige, die über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet des Rundfunkrechts verfügen und die die Befähigung zum Richteramt haben,
- drei Sachverständige aus den Bereichen der Medienwirtschaft und Medienwissenschaft,
- ein Sachverständiger aus dem Bereich der Rundfunktechnik,
- fünf Sachverständige aus den Landesrechnungshöfen.
Sie werden von den Regierungschefinnen und -chefs der Länder jeweils für fünf Jahre berufen; Wiederberufung ist zulässig. Die Kommission wählt aus ihrer Mitte den Vorsitzenden und den stellvertretenden Vorsitzenden.
Die Kommission fällt ihre Entscheidungen in Plenarsitzungen und hat fünf Arbeitsgruppen eingerichtet. Diese befassen sich vertieft mit den einzelnen Aufwands- und Ertragsblöcken und bereiten die Entscheidungen des Plenums vor.
Bedeutende Themen der vergangenen Jahre waren etwa
- Mehrerträge nach dem Wechsel von der geräteabhängigen Rundfunkgebühr zum neuen Rundfunkbeitrag,
- Sonderbericht zu Werbung und Sponsoring,
- Entwicklungsprojekte wie DAB, DVB-T und HDTV,
- Online- und Telemedienangebote,
- Benchmarks Kostenvergleich und Transparenz,
- betriebliche Altersversorgung und Personalentwicklung der Rundfunkanstalten.